
Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben es, auch außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers zu arbeiten. Dazu gehört auch das Arbeiten von zu Hause aus, das so genannte Homeoffice. Homeoffice ist eine Arbeitsform, bei der Beschäftigte ganz oder teilweise, regelmäßig oder unregelmäßig von zu Hause aus arbeiten. Dabei ist der Arbeitsplatz zu Hause über elektronische Kommunikationsmittel mit dem Arbeitsplatz im Betrieb verbunden. Im schweizerischen Arbeitsgesetz (ArG) ist das Homeoffice als Arbeitsform nicht explizit erwähnt. Die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes gelten jedoch unabhängig vom Arbeitsort (Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG, 1964). Die Verantwortung des Arbeitgebers umfasst alle arbeitsbezogenen Faktoren, die sich auf die Gesundheit der Arbeitnehmenden auswirken. Die Arbeitgebenden sind deshalb verpflichtet, für den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden zu sorgen und entsprechende Maßnahmen zu treffen, wenn Arbeitnehmende im Homeoffice arbeiten.
Die Bestimmungen zum Gesundheitsschutz gelten unverändert. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, alle Arbeitnehmenden unabhängig vom Ort des Arbeitsplatzes ausreichend und angemessen über die bei ihrer Arbeit möglichen physischen und psychischen Gefährdungen zu informieren und über die Maßnahmen des Gesundheitsschutzes zu instruieren. Die Arbeitnehmenden müssen deshalb in einer allgemein verständlichen Sprache und in geeigneter Form über die Gefährdungen informiert und unterwiesen werden. Dazu stellt der Arbeitgeber ihnen geeignete Unterlagen zur Verfügung. Der Arbeitgeber kann vom Arbeitnehmer verlangen, im Büro zu arbeiten, beispielsweise wenn der Gesundheitsschutz bei Homeoffice nicht gewährleistet ist. Die Arbeitgeber sind auf die aktive Mitwirkung der Arbeitnehmenden angewiesen. Denn im Betrieb selbst können Arbeitgeber jederzeit überprüfen, inwieweit der zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz den geltenden Anforderungen des Gesundheitsschutzes Rechnung trägt und ob die entsprechenden Maßnahmen korrekt umgesetzt wurden. Im Homeoffice ist die direkte Kontrolle durch den Arbeitgeber komplizierter. Die Arbeitnehmenden sind verpflichtet, die Weisungen des Arbeitgebers zum Gesundheitsschutz auch im Homeoffice zu befolgen und die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu berücksichtigen.
Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen
Gemäß dem Bundesamt für Statistik (BFS) ist der Anteil der Erwerbstätigen, die zumindest gelegentlich, d. h. mindestens einmal in den letzten vier Wochen vor der Befragung, von zu Hause aus gearbeitet haben, zwischen 2001 bis 2019 von 6,6 % auf 24,6 % gestiegen (BFS, 2025). Mit der Covid-19-Pandemie stieg dieser Anteil im Jahr 2020 sprunghaft auf 34,1 Prozent an, was 1,5 Millionen Personen entspricht. Diese Zahlen zeigen, wie sehr Homeoffice in den letzten 20 Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Mehr als ein Drittel der Erwerbsbevölkerung ist von dieser Arbeitsform betroffen. Diese Realität birgt neue potenzielle Gesundheitsrisiken, die zu berücksichtigen sind. Die Arbeits- sowie die soziale Umgebung ist zu Hause anders als in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers. Die spezifischen Arbeitsbedingungen im Homeoffice können ohne entsprechende Präventionsmaßnahmen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Eine systematische Literaturrecherche, die vor der Pandemie durchgeführt wurde, hat die Hauptmerkmale von Homeoffice in Bezug auf die Arbeitsbedingungen identifiziert (Vayre, 2019). Die Bewertung dieser Ergebnisse unter Berücksichtigung der Entwicklungen nach der Pandemie ist Aufgabe der laufenden Forschung.
Im Homeoffice wird der Rhythmus weniger von anderen Teammitgliedern bestimmt und es kann zu Störungen durch Familienmitglieder kommen. Darüber hinaus gibt es keine klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Beim Homeoffice finden sowohl das berufliche als auch das familiäre und soziale Leben am selben Ort statt. Dies kann dazu führen, dass die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeitszeit verschwimmen, was zu Spannungen (z. B. in der Familie) führen kann. Für Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen waren die Folgen während der Pandemie besonders spürbar (Calderwood et al., 2022). Das Fehlen gewohnter Bezugspunkte erfordert Anpassungen in der Arbeitsorganisation, den zwischenmenschlichen Beziehungen und der Kommunikation. Zudem muss auf eine angemessene Arbeitsbelastung geachtet werden. Die Autonomie der Arbeitnehmenden im Homeoffice in der Zeit- und Arbeitsorganisation kann zu atypischen Arbeitszeiten oder Tagesstrukturen führen (Wöhrmann & Ebner, 2021). So kann es sein, dass auf Pausen verzichtet wird und/oder insgesamt zu lange gearbeitet wird. Wenn dies auf Beschäftigte zutrifft, die von zu Hause aus arbeiten, sind sie trotz ihrer größeren Autonomie und der geringeren Ermüdung durch weniger Wege zu ihrem Arbeitsplatz Gesundheitsrisiken durch Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) ausgesetzt (Cropley et al., 2023).
Zudem kann durch die Arbeit im Homeoffice die Erwartung entstehen, dass die betreffende Person auch außerhalb der vereinbarten Arbeitstage und Arbeitszeiten ständig erreichbar sein muss (per E-Mail, Telefon, usw.). Fühlen sich Beschäftigte im Homeoffice zur ständigen Erreichbarkeit verpflichtet, kann dies zu Belastungen mit gesundheitlichen Folgen führen (Venz et al., 2024). Auch die Räumlichkeiten und das Mobiliar sind nicht immer geeignet. Bei der Arbeit im Homeoffice handelt es sich meist um Bildschirmarbeit in der immer gleichen Sitzposition. Ein nicht optimal eingerichteter Arbeitsplatz kann zu unbequemen Positionen und Fehlhaltungen führen. Zusammen mit der oft fehlenden Bewegung kann dies mittelfristig zu gesundheitlichen Problemen führen. Deshalb ist es wichtig, dass Büromöbel bestimmte ergonomische Kriterien erfüllen. Einer systematischen Literaturrecherche zufolge sind Schmerzen im unteren Rückenbereich und Nackenschmerzen die am häufigsten gemeldeten Muskel- und Skeletterkrankungen im Zusammenhang mit Homeoffice (Fadel et al., 2023). Die Forschung über dieses Thema ist jedoch ungenügend.
Eine Studie für die Schließung der Wissenslücken
Bei unzureichenden Rahmenbedingungen kann sich die Arbeit im Homeoffice negativ auf die Gesundheit auswirken. Die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften im Homeoffice erfordert die Schließung bestehender Wissenslücken (z. B. im Bereich der Ergonomie). Es gibt noch kaum oder keine genügenden Belege für gesundheitliche Risiken, die auf die Arbeitsplatzgestaltung bei regelmäßiger und/oder dauerhafter Arbeit im Homeoffice zurückzuführen wären. Der zur Verfügung stehende Raum, die Arbeitsumgebung und die Gestaltung des Arbeitsplatzes beeinflussen die Körperhaltung, die Bewegungen und die körperliche Belastung. Diese Faktoren sind auch im Zusammenhang mit der zeitlichen Arbeitsorganisation und den psychosozialen Risiken zu betrachten. Die mangelnde Kenntnis über die angemessene Gestaltung von Homeoffice-Arbeitsplätzen erschwert es den betroffenen Unternehmen, Präventionsmaßnahmen für die Arbeit im Homeoffice zu entwickeln, insbesondere zur Prävention von Erkrankungen des Bewegungsapparates (MSE).
it einer empirischen Studie zur Gestaltung von Homeoffice-Arbeitsplätzen sollen Wissenslücken geschlossen werden, um Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von Mitarbeitenden im Homeoffice zu evaluieren und gegebenenfalls entsprechende Empfehlungen zu erarbeiten. Dabei sollen auch psychosoziale Belastungen und Ressourcen sowie die Einbettung des Homeoffice in die Unternehmensstruktur berücksichtigt werden. Im Rahmen einer schweizerischen Studie, die im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) durchgeführt wird, finden derzeit die entsprechenden Untersuchungen statt. In einer ersten Phase wurden explorative Interviews mit HR-Mitarbeitenden geführt, die in den Unternehmen für die Begleitung von Homeoffice zuständig sind. Danach erfolgte die Informationsbeschaffung hauptsächlich im Rahmen einer Online-Befragung, die in 13 Unternehmen durchgeführt wurde. Die erhobenen Daten basieren auf 2.855 ausgefüllten Fragebögen von 8.754 eingeladenen Mitarbeitenden gemäß Angaben der Unternehmen (33 %). Zusätzlich werden die Befragten gebeten, Fotos ihres eigenen Arbeitsplatzes einzureichen, die von Ergonomen beurteilt werden. Es werden 144 Fotos durch Ergonomen bewertet und analysiert. Es handelt sich um eine experimentelle Methode, die die Informationen aus dem Fragebogen ergänzen soll. Die Auswahl der Unternehmen und der Mitarbeitenden, die zur Teilnahme an der Befragung eingeladen werden, erfolgte auf der Basis einer Gelegenheitsstichprobe. Der Abschlussbericht mit den Ergebnissen wird für Herbst 2025 erwartet.
Literatur
BFS. (2025). Teleheimarbeit. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-informationsgesellschaft-sport/informationsgesellschaft/gesamtindikatoren/volkswirtschaft/teleheimarbeit.html
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Calderwood, C., Breaux, R., Ten Brummelhuis, L. L., Mitropoulos, T., & Swanson, C. S. (2022).
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Cropley, M., Weidenstedt, L., Leick, B., & Sütterlin, S. (2023). Working from home during
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Fadel, M., Bodin, J., Cros, F., Descatha, A., & Roquelaure, Y. (2023). Teleworking and musculoskeletal disorders: A systematic review. International Journal of Environmental Research and
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Vayre, É. (2019). Les incidences du télétravail sur le travailleur dans les domaines professionnel, familial et social. Le travail humain, Vol. 82(1), 1–39. https://doi.org/10.3917/th.821.0001
Venz, L., Wöhrmann, A., & Unger, D. (2024). Arbeit von Zuhause und beeinträchtigte Erholung. Symposium Arbeit und Gesundheit des SECO, Bern.
Wöhrmann, A. M., & Ebner, C. (2021). Understanding the bright side and the dark side of
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